Norbert Scheuer überzeugt sogar Imker
Erfolgsautor liest aus "Winterbienen"
„Ausverkauft“ stand in großen Lettern an der Ladentür der Lesbar zu lesen. Die Veranstaltung mit Norbert Scheuer sei die letzte der diesjährigen Reihe, wie Susanne Barnsteiner-Bosch in ihrer Begrüßung sagte. Ein bisschen stolz sei sie schon darauf, dass es ihr wieder einmal gelungen ist, einen so renommierten und gefeierten Autor nach Weilheim zu holen, der auf der Short List für den Deutschen Buchpreis 2019 stand. Trotz des Riesenerfolgs mit „Winterbienen“ präsentierte sich Norbert Scheuer als naturverbundener, bodenständiger Eifeler, ruhig und zurückhaltend. „Die Bewohner der Eifel reden nicht viel.“ Er sei nicht der große Erzähler, deshalb würde er ja schreiben, charakterisierte sich Norbert Scheuer gleich zu Beginn selbst. Auf die Idee, „Winterbienen“ zu schreiben habe ihn ein Tagebuchblatt aus dem 2. Weltkrieg gebracht, das er zufällig entdeckt hatte. Dort hat der Verfasser lapidar festgehalten, dass er an diesem Tag Flüchtlinge über die Grenze nach Belgien gebracht hat und dass die Bienen so schön geflogen sind. Dieser beiläufige Wechsel zwischen heldenhafter Lebensgefahr und scheinbarer Belanglosigkeit habe ihn inspiriert. „Da musste ich einfach einen Roman draus machen.“ Deshalb sei „Winterbienen“ auch in Tagebuchform verfasst. Die Geschichte spielt zwischen Januar 1944 und Mai 1945. Darin geht es um einen jungen Mann, der wegen einer Epilepsie wehruntauglich ist, während praktische alle Männer des Ortes im Krieg sind. Das ermöglicht ihm eine Reihe von Liebschaften, die er dazu benutzt, Lockenwickler seiner Geliebten zu stibitzen. In die steckt er Bienenköniginnen und heftet sie an die Kleider von Flüchtlingen. In Bienenstöcken versteckt bringt er sie bis zur belgischen Grenze. Wenn er bei Kontrollen aufgefordert wird, die Bienenstöcke zu öffnen, fliegen Abertausende Bienen in den Stock, in dem der Flüchtling mit den Königinnen sitzt und umhüllen ihn mit einer dunklen summenden Schicht. Er wird unsichtbar. Norbert Scheuer las im Verlauf des Abends mehrere geschickt ausgewählte Tagebuchseiten vor und verschaffte so dem Publikum einen runden und schlüssigen Eindruck des Romaninhalts, ohne zu viel zu verraten. So heldenhaft und spannend die Fluchterzählungen waren, so ungemein lehrreich waren die Beschreibungen über das Leben der Bienen, die, wie im Roman, auch in Norbert Scheuers Lesung sehr viel Raum einnahmen. Kein Wunder, dass unter den Zuhörern eine ungewöhnlich hohe Imkerquote war. Einige spezifische Fragen konnte der Autor kompetent aber ohne Fachsimpelei beantworten und lieferte damit die Bestätigung, dass „Winterbienen“ auch aus Imkersicht sehr gut recherchiert ist. Frau Barnsteiner-Bosch freute sich am Ende über die gelungene Veranstaltung und kündigte schon mal an, dass es bereits Ende Januar weitergeht. Man darf gespannt sein.
Mehr als Tausend Worte
Ein gutes Motto für einen unterhaltsamen Abend.
Eine Veranstaltung der besonderen Art konnten 16 Kundinnen und Kunden am 8. November in der Lesbar erleben. In limitierter geselliger Runde, bei leckerer Suppe - selbst zubereitet nach einem Rezept aus Ottolenghis Kochbuch "Simple" - und einem Gläschen Wein, präsentierte das Lesbar-Team seine 15 Favoriten aus dem 2. Halbjahr 2019. 14 Belletristik-Titel und ein Sachbuch standen auf der persönlichen Hit-Liste von Susanne Barnsteiner-Bosch, Ursula Defregger und Roland Bosch. Anschließend konnten die Besucher die Möglichkeit nutzen, ungezwungen und ungestört in der Buchhandlung zu stöbern und sich vom Team ausführlich beraten zu lassen, oder sich einfach nur zu unterhalten. Natürlich haben wir die dabei gewechselten Worte nicht gezählt, aber es waren am Ende sicher mehr als Tausend. Wiederholung im kommenden Jahr erwünscht.
Ein Nachmittag für Kinder
"Im Reich der verlorenen Dinge" mit Claudia Kaiser, Martin Lickleder und Martin Pflanzer
Lustig ging's zu bei unserer Veranstaltung mit den beiden Münchner Buchautoren und Musikern, Martin Lickleder und Claudia Kaiser. Zusammen mit Verleger Martin Pflanzer vom Hagebutte-Verlag begleiteten die beiden die kleine Titelheldin ihres Kinderbuchs, Ivi, ins "Reich der verlorenen Dinge". "Was habt Ihr denn schon mal verloren in Eurem Leben?", fragte Martin Lickleder gleich zu Beginn in die Runde. Nach kurzem Nachdenken und etwas Nachhaken kam doch einiges zusammen, vom klassischen Geo-Dreieck über Plüschhund, halbvoller Trinkflasche und Sportsack bis hin zum rosaroten Radiergummi mit Blümchenmuster. Während die beiden Autoren von der Suche Ivis nach den verlorenen Dingen in ihrem Kinderzimmer erzählten und sangen, malte Martin Pflanzer in Rekordgeschwindigkeit die verlorenen Dinge des Publikums auf kleine Kühlschrankmagnete. Die gab's am Ende dann als Dankeschön und quasi als Ersatz für das in echt Verlorengegangene für die kleinen und großen Zuhörer. Eine schöne Erinnerung an einen witzig heiteren November-Nachmittag in der Lesbar.
"Das Licht ist hier viel heller"... in der Lesbar
Erfolgreicher Start in die Woche unabhängiger Buchhandlungen (WuB) mit Mareike Fallwickl
v.l.n.r.: Ursula Defregger, Susanne Barnsteiner-Bosch, Mareike Fallwickl, Verlagsvertreter Felix Wegener von der Frankfurter Verlagsanstalt
Diesmal hat es also geklappt. Nachdem Mareike Fallwickl letztes Jahr die Lesung aus ihrem Bestseller "Dunkelgrün fast schwarz" krankheitshalber absagen musste, zeigte sie sich beim zweiten Versuch gesund und putzmunter. Quasi zur Wiedergutmachung las sie zu Beginn ihres 90-minütigen Programms eine kurze Passage aus Ihrem Debütroman. Irgendwie sei Licht wohl ihr Thema, spann sie dann den Bogen zu ihrem neuen Roman, "Das Licht ist hier viel heller", und gab interessante Einblicke in die Covergestaltung mit dem Foto der zerberstenden Glühbirne, deren Explosion von einer Spezialkamera mit 1000 Bildern pro Sekunde festgehalten wurde. Das erste Kapitel sei heftig, ganz bewusst, und sie hoffe, dass das Weilheimer Publikum das aushält. Tatsächlich fielen diverse deftige Kraftausdrücke, als sie den Protagonisten Wenger, einen alternden Macho als "Riesen-A***** beschrieb und konstatierte: "jeder von uns kennt solche Typen, deren Zeit abgelaufen ist. Gut so!" Ihm stellte sie in ihrem Roman seine bösartige Schwester und seine heftig pubertierende Tochter als ausgleichendes Element gegenüber. So sei eine brisante Mischung entstanden, obwohl es ihr anfangs nur um die Frage ging, was passieren kann, wenn jemand Briefe erhält und liest, die gar nicht an ihn adressiert sind. "Und es passiert viel auf den 480 Seiten", meinte sie schmunzelnd. Schließlich habe sie nur aus den ersten 30 gelesen. Das Publikum deckte sich entsprechend ein, und Mareike Fallwickl signierte und schrieb am Ende in das Lesbar-Gästebuch: "Das Licht ist hier viel heller." Da gab es freilich keinen Widerspruch unsererseits.
Die Poesie der Mülltonne
Sascha Fersch und Ferdinand Schmidt-Modrow in Bestform
"Mülltonnen sind in der Poesie völlig unterrepräsentiert!" Grund genug für Lebemann und Poet, Sascha Fersch, ein Gedicht für diese wichtige Randgruppe zu schreiben. Und gleich noch eine Petition zu starten: "2 Wochen bezahlten Urlaub pro Jahr für Mülltonnen - minimum". Man könne sie ja mit in den Urlaub nehmen, bemerkte eine Zuhörerin, statt Rollkoffer... Rollen haben sie ja eh. So witzig und spritzig leiteten die beiden Künstler ihre Gedichte und Lieder ein und animierten dabei schlagfertig das Publikum zum Mitmachen. Super sympathisch! Dabei sind die Gedichte und Songs an sich schon einzigartig. Lakonisch kurz, mit ungewöhnlichem Blick auf die Welt. So wissen wir jetzt endlich, dass sich Ehen in drei Lebens- und Liebesabschnitte einteilen lassen, und warum Krähenvögel ihre weißen Hinterlassenschaften bevorzugt auf schwarzen SUV's platzieren. Überhaupt zeigten Sascha Fersch und Ferdinand Schmidt-Modrow mit ihren liebevoll vorgetragenen Tiergedichten, dass sie große Tierfreunde sind. Katzen haben es letzterem besonders angetan. Ferdinand Schmidt-Modrow war es dann auch, der verkleidet mit einem weißen Overall in einem schauspielerischen Monolog der Eintagsfliege ein Denkmal setzte. Sie hat schließlich nur einen einzigen Tag, um ihre Lebensaufgabe zu erfüllen: sich fortzupflanzen. "Also, verlieren sie keine Zeit,...machen Sie Liebe,... jetzt,..., hier,... egal mit wem,...ich dreh mich auch um...!" Zum Brüllen, auch wenn diese Aufforderung vom Publikum dann doch nicht umgesetzt wurde. Zumindest nicht während der fulminanten Veranstaltung, der letzten in der Lesbar im Frühjahr 2019.
Wir sind jedenfalls sicher, dass dieses geniale Duo keine Eintagsfliege bleiben wird.
Eine runde Sache
Katja Huber beeindruckt mit ihrer Lesung und mit viel Musik
Katja Huber links eingerahmt von Martin Lickleder (Geige, Mundharmonika, Gesang) und
Claudia Kaiser (Gitarre, Gesang) überraschte die Zuschauer in der Lesbar mit einem kurzweiligen und abwechslungsreichen Programm. Nach der kurzen Vorstellung des Trios durch Susanne Barnsteiner-Bosch las die aus Weilheim stammende Autorin aus ihrem neuesten Roman, "Unterm Nussbaum". Der spielt am Ammersee in einem idyllischen Garten, mal heute, mal in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Dort trifft sich die Großfamilie, um den 70. Geburtstag von Barbara Berger zu feiern. Harmonisch bleibt es nur solange, bis die Frage auftaucht, wer die Jubilarin denn vom Flughafen abholen soll. Tochter Franziska rettet die Situation mit einem Geburtstagsgedicht, ihrem Geschenk an Barbara. Katja Huber rappte das mit abgefahrenen Wortspielen gespickte Gedicht in zungenbrecherischer Geschwindigkeit über das staunende Auditorium, eine Performance in Hochform. Die nötige Verschnaufpause für Autorin und Publikum vor dem nächsten Kapitel verschaffte das Musik-Duo Kaiser Lickleder. Die ausgewählten ungewöhnlichen Songs passten zur Epoche, in der das jeweilige Kapitel spielt, das die Autorin in der Folge las. So ergab sich ein spannender Wechsel zwischen heute und damals. Textlich und musikalisch abgestimmt, immer super gesungen und gespielt, immer nah am Thema. Die im Raum stehende Mutmaßung, ob denn ein wahrer Kern in ihrem Roman stecke, beantwortete die Autorin sybillinisch: "Ja, es gibt tatsächlich Nussbäume am Ammersee".
Es war einmal....am 1.2.19: Märchen und Musik aus Island
Von Prinzen und Prinzessinen, von Vulkanausbrüchen und liebestollen Trollen
Mit feenhaft weißem Haar und farbenfroh wallendem Gewand scheint Maria Schuhmacher selbst einem ihrer Märchen entsprungen. Die Märchenerzählerin kennt viele zauberhafte Geschichten über Königssöhne, Prinzessinnen und böse Mächte, die allerlei Flüche über ihre Mitmenschen legen. So z.B. über die wunderschöne Prinzessin, die als rollender blutender Rindermagen unterwegs ist und nur durch Heirat von diesem Fluch erlöst werden kann. Schwierig, fast unmöglich sollte man meinen. Aber zur großen Belustigung des Publikums in der ausverkauften Lesbar hat's dann eben doch noch geklappt. Oder das Märchen vom dicken Trollmann, der hässlichen Trollfrau und ihren 8 Trollkindern, das ganz besonders gut bei den zahlreich anwesenden Kindern ankam. Immer wenn die Trollfrau ihre Höhle aufräumt oder kocht oder mit ihrem Trollmann schmust, dann gibt's eine Gerölllawine, einen Vulkanausbruch oder ein Erdbeben. Logisch. Aber zum Glück passiert das ja nur alle 100 Jahre. Zum Verschnaufen spielte die Weilheimer Musikpädagogin Christiane Winkler nach jedem Märchen eine isländische Melodie auf dem E-Piano. Sehr gefühlvoll, balladenhaft und irgendwie passend zu der endlosen Weite und ungezähmten Natur im hohen Norden. Märchenhaft!
Und wenn sie nicht...
Thomas Raab zündet ein Feuerwerk an Witz und Charme
Kabarettistische Lesung mit einem Schuss Wiener Schmäh
Auf den Mund gefallen ist Thomas Raab sicher nicht. Davon konnten sich die 50 Zuhörer und Zuhörerinnen am 30. Januar in der ausverkauften Lesbar überzeugen. Eigentlich mag er Witze ja gar nicht, bekannte der erfolgreiche österreichische Krimiautor gleich zu Beginn seines furiosen Programms. Aber dann feuerte er doch eine Salve nach der anderen zur großen Freude des Publikums. "Kommt ein Neutron in die Disco...Pech. Nur für geladene Gäste." Ob private Anekdoten wie dieser Witz seiner ältesten Tochter, oder Klischeehaftes aus Österreich, wie "M ist das beliebteste Autokennzeichen in Österreich. Nicht M wie München, sondern ein Wiener, der auf dem Dach liegt"....Raabs Programm war Kabarett pur, mit viel hintersinnigem Wortwitz. Ein bisschen sieht er ja sogar aus wie Dieter Nuhr, wie eine begeisterte Zuhörerin am Ende feststellte. Zur Erholung der Lachmuskeln las Thomas Raab immer wieder Passagen aus seinem aktuellen Krimi, "Walter muss weg" und hatte selbst Spaß dabei. Als die Weilheimer Kirchturmuhr genau dann zu schlagen begann, als Walter's Sarg in die Grube gesenkt wurde, entfuhr im ein spontanes "Amen!" Nein, auf den Mund gefallen ist Thomas Raab ganz sicher nicht. Am Ende hatte er sogar ein charmantes Kompliment für das Lesbar-Team bereit: "Das Publikum kommt nie wegen eines Autors zu einer Lesung, sondern wegen der Veranstalter und der von ihnen erzeugten Atmosphäre". Sprach's und schrieb's sinngemäß auch noch ins Gästebuch. Das freut uns natürlich und wir sagen herzlich: "Dankeschön!"